Die Intelligenz liegt im Code

Die Intelligenz liegt im Code Selbstlernende und autonom agierende Roboter heben industrielle Prozesse auf eine neue Stufe
Illustration: Mario Parra
Mirko Heinemann Redaktion

Roboter haben sich längst in der Wirtschaft und im Privatleben integriert. In der Fertigung übernehmen automatisierte Greifsysteme schon lange komplexe und präzise Montagearbeiten, zuhause schneiden sie den Rasen oder fegen das Parkett.

Mit dem Internet of Things und den Lösungen der vernetzten Produktion eröffnen sich der Robotik aber nun ganz neue Möglichkeiten. Wichtige Themen sind zum einen die möglichst effiziente Kollaboration mit dem Menschen und zum anderen autonome Systeme, die mit Hilfe von Machine Learning und Künstlicher Intelligenz Aufgaben immer eigenständiger erledigen.

Bei der Zusammenarbeit mit Menschen ist der Sicherheitsaspekt wesentlich. Ein Roboter darf einem menschlichen Wesen keinen Schaden zufügen oder dies durch Untätigkeit zulassen, lautet das erste „Robotergesetz“, das der Biochemiker und Science-Fiction-Autor Isaac Asimov 1942 publizierte. Gesetze Zwei und Drei besagen, dass Roboter den Befehlen von Menschen gehorchen und ihre Existenz schützen müssen. Das Paradebeispiel für einen selbstständig agierenden Roboter ist das autonome Fahrzeug, wie Google es derzeit entwickelt. Auch hier ist die Implementierung einer „Maschinenethik“ notwendig: Der Algorithmus muss in Notfällen eigenständig entscheiden, wie er seine humanen Passagiere am besten schützt.
In der fertigenden Industrie traten solche Fragen bisher faktisch kaum auf. Moderne Cobots arbeiten problemlos und flexibel mit Menschen zusammen, ihre Bereiche sind in der Regel klar definiert. Sobald aber selbstständig navigierende und autonom agierende Maschinen auf dem Firmengelände unterwegs sind, wird der Roboter zum Kollegen – und sein „Code“, seine Programmierung, zum Charakter. Das ist etwa in den großen Warenlagern der Fall, in denen neben den humanen Lagerarbeitern auch immer mehr Roboter unterwegs sind – etwa der Roboter TORU des Start-ups Magazino, der bereits in Schuhlagern von Logistikdienstleistern wie Fiege Logistik oder bei dem Modeversender Zalando im Einsatz ist und die Mitarbeiter dort beim Ein- und Auslagern von online bestellten Schuhen unterstützt.

Das Münchener Robotik-Start-up ist einen Schritt weitergegangen und hat eine autonome Robotik-Lösung entwickelt: das „Advanced Cooperative Robot Operation System“ (ACROS), eine Art Betriebssystem für intelligente und mobile Roboter. Es kann mit jedem Roboter verknüpft werden und kommt auch in den von Magazino entwickelten Logistik-Robotern TORU und SOTO zum Einsatz. Durch ACROS werde es für autonome Roboter überhaupt erst möglich, sich zurechtzufinden, so Dr. Moritz Tenorth, CTO bei Magazino. „Damit Roboter wirklich autonom in der realen Welt zurechtkommen und intelligentes Verhalten lernen können, brauchen sie eine Art Gehirn - mit ACROS haben wir die ersten Schritte in diese Richtung getan.“

Mit ACROS sind Roboter wie TORU in der Lage, vollständig autonom in Stückgutlagern von E-Commerce-Händlern online bestellte Artikel in den Regalen zu identifizieren, zu greifen und zur Versandstation zu bringen. Dank zahlreicher Sensoren und 3D-Kameradaten sind sie imstande, auch parallel zu den Mitarbeitern vor Ort zu arbeiten. ACROS dient überdies der Fernwartung, dem Flottenmanagement, als Datenbank für Objekte und Aufträge sowie als Kommandozentrale im Lager. Das System kann zur Koordinierung und Steuerung ganzer Roboterflotten eingesetzt werden. Eine globale Wissensdatenbank, die aus Daten aller ACROS betriebenen Roboter Wissen generiert, stellt die Basis für intelligentes Verhalten der Roboter dar und ist damit eine klassische KI-Lösung. „Roboter als Hardware werden somit austauschbar – die Intelligenz liegt vielmehr im Code.“

 

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