Innovation braucht Anstöße

Die Redaktion befragt Akteure zu den Potenzialen der Wirtschaft.
Juli 2018 Handelsblatt Innovation 4.0

»Für Innovation ist der problemlose Datenaustausch essentiell.«

Dr. Oliver Grün Präsident; Bundesverband IT-Mittelstand

Die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft war lange Zeit legendär. „Made in Germany“ stand nicht nur für gute Qualität, sondern auch für clevere, neue Lösungen. Leider haben wir es nicht geschafft, unsere Innovationskraft auch in die Digitalisierung hereinzutragen. Das Silicon Valley hat uns als Ursprung von Innovation abgelöst und zunehmend abgehängt.

Die Zeit der Alleingänge ist für uns vorbei. Einzelne Unternehmen können die Digitalriesen nun nicht mehr ein- geschweige denn überholen. Für den deutschen Mittelstand als Fundament unserer Wirtschaft sind Vernetzung und Kooperation die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft. Gemeinsam können wir stark genug sein, ein attraktives Gegenangebot zu den dominierenden IT-Konzernen anzubieten. Praktisch bedeutet das, dass wir uns vernetzen und neue Geschäftsmodelle und Lösungen in digitalen Ökosystemen schaffen müssen. In diesen Ökosystemen besinnt sich jeder Anbieter auf seine Stärken und formt gemeinsam mit anderen Unternehmen Gesamtprodukte, die all jene Stärken vereinen. So entstehen Innovationen Made in Germany, die den Mittelstand in der digitalen Transformation nach vorne bringen. Der Fokus darf nicht zu sehr auf der Technik liegen. Denn wirklich innovative Lösungen sind „runde“ Produkte, angereichert mit Smart Services und digitalen Geschäftsmodellen. Hier sind Daten als Rohstoff nicht erst in der Zukunft, sondern schon in der Gegenwart wichtig. Um erfolgreich Innovationen in Ökosystemen zu schaffen, ist der problemlose Datenaustausch daher essentiell. Schnittstellen kommt somit eine zentrale Bedeutung zu.

Dabei sollte sich der IT-Mittelstand in seinen digitalen Ökosystemen auf offene Schnittstellen einigen. Nur so ist sichergestellt, dass die Unternehmen weiterhin für neue Kooperationen und Innovationen offen sind und sich nicht von großen Anbietern abhängig machen. Mit gemeinsam entwickelten, datenbasierten Produkten kann der digitale Mittelstand so neue Märkte erobern und auch über Deutschland hinaus die digitale Transformation vorantreiben.

www.bitmi.de

Juli 2018 Handelsblatt Innovation 4.0

»Wissenstransfer zwischen Forschung und KMU sollte gefördert werden.«

Prof. Dr.-Ing. Sebastian Bauer Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen

Internationale Rankings sehen das Innovationssystem Deutschlands unter den weltweiten Top Ten. Eine ordentliche Platzierung, keine Frage. Dass wir dort stehen, verdanken wir dem gut ausgeprägten Zusammenspiel von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Deutschland.

Dennoch: Wir könnten besser sein und es sollte unser Ziel sein, hier ganz vorne zu stehen, um in unserem rohstoffarmen Land den allgemeinen Wohlstand auch für die Zukunft zu sichern. Innovationen entstehen zu einem wesentlichen Teil im Mittelstand, dem mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland angehören. Kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland verfügen jedoch selten über eine eigene Forschungsabteilung. So können sie das wissenschaftliche Know-how, das sie benötigen, um bei innovationsbezogenen anwendungsnahen Vorhaben up to date zu sein, häufig nicht selbst generieren oder abgreifen. Die Lösung findet sich in Kooperationen mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie mit anderen Unternehmen, wie dies täglich im Innovationsnetzwerk der AiF in den Vorhaben der themenoffenen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) gelebt wird: Interdisziplinär – ob nun branchenintern oder branchenübergreifend – werden hier anwendungsbezogene Fragestellungen effektiv bearbeitet. Was liegt also näher, als eine umfangreiche Förderung der anwendungsnahen Forschung? Unsere Grundlagenforschung in Deutschland hat einen ausgezeichneten Ruf und ist sehr wichtig; um daraus aber einen großen volkswirtschaftlichen Effekt zu erzielen, ist es notwendig, deren Ergebnisse auch in kommerzielle Erfolge des Mittelstands umzusetzen, wo es aber zumeist an Ressourcen fehlt. Ein schneller Zugang zu Hochschulwissen ist dort ein wichtiger Faktor, der die Innovationstätigkeit von Unternehmen fördert. Die Kooperation und der Wissenstransfer zwischen Forschungseinrichtungen und mittelständischen Unternehmen sollte gezielt und bedarfsgerecht gefördert werden. Damit machen wir einen großen Schritt in Richtung Platz eins der Innovationsrankings.

www.aif.de

Juli 2018 Handelsblatt Innovation 4.0

»Kräfte bündeln, Synergien nutzen«

Dr. Annette Treffkorn Geschäftsführerin; Verband Innovativer Unternehmen

Der Verband Innovativer Unternehmen (VIU) setzt sich als Sprachrohr und Interessenvertretung von KMU und gemeinnützigen externen Industrieforschungseinrichtungen seit über 25 Jahren erfolgreich für die Stärkung der Industrieforschung und die effiziente Markteinführung von Innovationen im Mittelstand ein. Seine Mitglieder stehen für zukunftsorientierte Forschung und Entwicklung für die Wirtschaft. Ihre innovativen Produkte bereichern unser alltägliches Leben nachhaltig. KMU und Industrieforschungseinrichtungen bilden im Verband ein effizientes Netzwerk mit Synergien von der Vorlaufforschung bis zur Vermarktung von Verfahren und Produkten.

Damit steht der Verband mit seinen Mitgliedern an der entscheidenden Schnittstelle der Umsetzung von Innovationen in Wirtschaftswachstum – dem Transfer. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wird der Transfer als zentrale Säule des Forschungs- und Innovationssystems benannt. Er soll nachhaltig gestärkt und substantiell gesteigert werden. Das entspricht dem strategischen Ziel des VIU, der sich als Interessenvertreter des gesamten innovativen Mittelstands sieht und deshalb entschieden für größere Anstrengungen zur Förderung von Innovationen im Mittelstand eintritt.
Das ist auch notwendig. So entwickelt sich die Innovatorenquote im Mittelstand seit Jahren rückläufig. Der stark zunehmende Bedarf an Förderung resultiert aber nicht nur daraus, dass ein großer Anteil noch nicht oder nur sporadisch innovierender Unternehmen aktiviert werden soll, sondern insbesondere auch daraus, dass mit dem Einzug der Digitalisierung im Mittelstand ein gewaltiger Investitionsbedarf verbunden ist. Die angestrebte Wirkung aller Maßnahmen der Innovationsförderung ist allerdings nur zu erreichen, wenn diese in der Breite des Mittelstandes ankommen und die Innovationstätigkeit verstetigt wird.

Dafür sind Partner wie der VIU, die Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen für und mit dem Mittelstand betreiben oder auch als Multiplikatoren wirken, unverzichtbar.
 

www.viunet.de