Stillstand ist Rückschritt

Mitarbeiter wertschätzen, Visionen anstreben, Prozesse neu denken – so lässt sich „Change“ im Unternehmen verankern
Illustration: Agata Sasiuk
Illustration: Agata Sasiuk
J.W. Heidtmann Redaktion

Nehmen wir die digitale Transformation der Wirtschaft. Das digitale Zeitalter zwingt Unternehmer in radikaler Weise über Strategien, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle nachzudenken. Der Wandel ist global und folgt den Vorgaben der digitalen Innovationsführer, die derzeit vor allem im Silicon Valley angesiedelt sind. Neue Dienstleistungen und Produkte erschließen in kurzer Zeit komplett neue Märkte, alt eingesessene Unternehmen werden vom Markt gedrängt. Die deutsche Industrie und damit vor allem den Mittelstand betrifft dies in besonderer Weise.

Gerade Mittelständler, auch wenn sie derzeit noch so erfolgreich sind, gelten als konservativ, manchmal allzu behäbig. Dem Trend der digitalen Vernetzung laufen sie hinterher, anstatt ihn anzuführen. „Auch erfolgreiche Unternehmen müssen sich aktiv mit den auf sie zukommenden Veränderungen auseinander setzen“, erklärte Joachim Berendt, Vorstandsmitglied im Bundesverband „Die KMU-Berater“, auf der letztjährigen Herbsttagung des Verbands.

Konkrete Ziele, eine bessere Einbeziehung der Mitarbeiter und eine stringente Erfolgskontrolle fordert Willibert Schleuter, Change-Experte und Buchautor („Die sieben Irrtümer des Change Managements“). Im Manager Magazin bemängelte er die oftmals schlechte Kommunikation in Unternehmen und die unzureichende Mobilisierung der Mitarbeiter. Der ehemalige Leiter der Audi-Elektronikentwicklung erzählte, beim Autohersteller habe man mit Visionen und Zielen die Mitarbeiter „fokussiert und fasziniert“. Das gelinge umso besser, wenn die Mitarbeiter bei diesem Prozess eingebunden sind. Die Kollegen hätten erlebt, dass die von ihnen mitgestalteten Prozesse erfolgreich sind. Daraus folge: „Erfolg bringt weiteren Erfolg.“ Auch Rückschläge würden leichter weggesteckt, wenn die Mitarbeiter überzeugt sind.

Leider komme die Bereitschaft zu Veränderungen oftmals erst dann auf „wenn die Uhr kurz vor 12“ stehe. Viele Beispiele aber zeigten, so Schleuter, dass man erfolgreicher sei, wenn man früher, also in der Situation der Stärke, beginne. Im Mittelstand sei der Unternehmenschef meist näher am Markt und am Mitarbeiter und daher auch eher bereit zum Change-Prozess. Das könne ein Vorteil gegenüber den Konzernen sein. Wertschätzung der Mitarbeiter bis zur Basis und deren Einbeziehung sei eines der großen Potenziale, wo vielfach noch Handlungsbedarf bestehe. Der Mittelstand, wo der Chef häufig jeden Mitarbeiter persönlich kennt, biete da besonders Potenzial.

Das könnte mutmaßlich auch Julia Saswito unterschreiben, Geschäftsführerin und Partnerin der Full-Service-Agentur Triplesense Reply. Sie sieht die Digitalisierung als Chance für den deutschen Mittelstand: „Konsequente Digitalisierung bedeutet, die Chance zu ergreifen, Prozesse und Services neu zu denken – und nicht alte, suboptimale Prozesse zu digitalisieren“, so Saswito. Dabei verzichtet sie allerdings auch nicht auf die Mahnung, sowohl Mitarbeiter als auch Kunden mitzunehmen: „Im Zentrum der Digitalstrategie ist und bleibt der Mensch“. Also: Immer schön auf die Usability achten!

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