Schöner arbeiten

Digitalisierung, demografischer Wandel, wachsende Anforderungen: Arbeit wird anspruchsvoller, aber auch selbstbestimmter.
Illustration: Agata Sasiuk
Illustration: Agata Sasiuk
Olaf Strohm Redaktion

Arbeiten wir, um zu leben? Oder leben wir, um zu arbeiten? Die alte Frage bekommt mit dem Begriff „New Work“ wieder Aktualität. Der Wissenschaftler Frithjof Bergmann hatte ihn geprägt. Als der Philosoph in den 1970er-Jahren zu General Motors kam, sorgten Rationalisierungsmaßnahmen gerade für eine steigende Arbeitseffizienz, sodass Massenentlassungen unausweichlich schienen. Bergmann schlug den Managern vor, statt die Leute zu entlassen, die Arbeitszeiten zu verkürzen und den Angestellten die Möglichkeit zu geben, sich weiter zu qualifizieren, um so ihre wahre Berufung zu finden.

Was damals in den Ohren der Manager ziemlich verwegen klang, ist heute ein weit verbreiteter Anspruch. Sinnvolle Arbeit soll keine Betätigung mehr sein, um den Lebensunterhalt zu verdienen, sondern Spaß machen und erfüllend sein. Ist das in der neuen Arbeitswelt eher möglich als früher? Die Herausforderungen an Arbeitnehmer wie auch an Unternehmen sind jedenfalls massiv gewachsen. Zum einen liegt dies an der demografischen Entwicklung. Die Arbeitnehmerschaft wird älter, Nachwuchs ist zunehmend schwieriger zu rekrutieren. Dazu kommt die Transformation der Industrie. Sie sorgt dafür, dass sich die Anforderungen an künftige Industriearbeiter wandeln. Neue Technologien, die Digitalisierung, die Automatisierung und die allumfassende Vernetzung führen dazu, dass bestimmte Berufe überflüssig werden.

„In dieser von Technologie geprägten Wirtschaft bilden sich Organisationsformen aus, in denen sich Menschen und Maschinen in spezialisierten, sich dynamisch entwickelnden Rollen die anfallenden und entstehenden Arbeiten teilen“, erklärt Dirk Nicolas Wagner, Professor für Strategisches Management an der Karlshochschule International University. Künstliche Intelligenz (KI) werde zum „neuen Kollegen“. Spezialisten gehen davon aus, dass diese Zusammenarbeit durch flexible Autonomie und agile Teamarbeit geprägt sein wird: Mal hat die Software das Sagen, mal der Mensch.
 

Neue Arbeits- und Lernmodelle sind gefragt, der Begriff vom „lebenslangen Lernen“ zeigt, wie die Anforderungen an Qualifikation und Weiterbildung wachsen. Das stellt die Personalabteilungen in den Unternehmen vor neue Aufgaben. „Isolierte Progrämmchen, Rückenschulen und Obstteller – das interessiert uns nicht, das reicht nicht aus“, sagte Thomas Sattelberger von der Initiative Neue Qualität der Arbeit einmal. Stattdessen geht es um neue Beteiligungsmodelle. Mitarbeiter wirken zunehmend an der Strategieentwicklung ihres Unternehmens mit, sie legen ihre Leistungs- und Lernziele selbst fest. Flexible Arbeitszeiten sind längst gängig, schnelle Entscheidungsprozesse und kurze Wege sind laut einer Studie von Detecon Consulting die meistgewünschten New-Work-Instrumente. Ein Teil der Arbeitszeit soll für kreative und eigene Projekte genutzt werden. Und: Führung wird neu gedacht.

Denn auch die Erwerbsbiografien verändern sich. Nach Schule, Lehre, Studium wartet nicht mehr die lebenslange Karriere in einem Unternehmen mit anschließender auskömmlicher Rente. Heute sind Flexibilität und Mobilität gefragt, Lebenswege werden individueller. Familie und Kinder werden geplant. Und immer mehr Väter wollen sich Zeit für ihre Kinder nehmen. Auch das gehört zu New Work: Familie und Karriere sollten sich künftig nicht mehr ausschließen müssen.

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