Können Fintechs Armut bekämpfen?

Bei der Wirtschaftsförderung in armen Ländern setzt die deutsche Entwicklungshilfe Hoffnungen auf digitale Finanztechnologien.
Illustration: Dorothea Pluta
Illustration: Dorothea Pluta
Mirko Heinemann Redaktion

Fintechs haben mit Flüchtlingen viel mehr gemein als nur den ersten Buchstaben. Wenn Deutschland in diesem Jahr die G20-Präsidentschaft übernimmt, wird ein Thema mit auf der Agenda stehen: Wie lassen sich die Vorteile von Fintechs dafür nutzen, in den ärmsten Ländern der Welt die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben? Jens Spahn, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, erklärte auf einer Veranstaltung zum G20-Präsidentschaft der FAZ,  Internet und Smartphones böten dem Farmer in Südamerika Bankdienstleistungen. Aber nicht nur das: „Fintechs können wirklich helfen, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.“  

Dass künftig in der Entwicklungshilfe mehr Einsatz und effektivere Ansätze gefragt sind, ergibt sich nicht allein aus humanitären Erwägungen. Schon der Ausblick auf die Migrationsströme der Zukunft gebietet eine verstärkte Hilfe vor Ort, um nachhaltige Entwicklung in armen Ländern zu fördern und Fluchtgründe vor Ort zu bekämpfen. Dass ausgerechnet digitale Finanztechnologien hier eine Rolle spielen sollen, mag erst einmal verwundern. Doch eröffnen sie neue Möglichkeiten schon allein deshalb, weil sie unschlagbar preiswert sind. Fintechs können damit Zielgruppen erschließen, die bislang keinen Zugang zu Geldinstituten hatten.

Auch ist es häufig der fehlende Zugang zu Geldmitteln großer Teile der Bevölkerung, der in ärmeren Ländern Wachstum verhindert. Was sich bereits mit Mikrokrediten von wenigen Dollar ausrichten lässt, hat Friedensnobelpreisträger Mohammed Yunis mit seiner Grameen Bank bewiesen. Eine Verstärkung solcher Initiativen mit digitalen Mitteln würde die Zielgruppe von Mikrokrediten auf einen Schlag millionenfach erweitern. Das hat vor allem mit der enorm gewachsenen Bedeutung von mobiler, mit dem Internet vernetzter Hardware zu tun. Mobiltelefone sind selbst in den ärmsten Ländern mittlerweile in großem Stil verfügbar.

Das wird bereits gemacht. Das Fintech Awamo zum Beispiel vertreibt digitale Mikrokredite von Finanzgebern in Ländern südlich der Sahara. Bislang wurden Kleinstkredite an die Unternehmen am Ort oft zu Zinssätzen von bis zu sieben Prozent in der Woche vergeben. Diese Prozesse zu digitalisieren und zu standardisieren könnte Kosten sparen und den Vertrieb weiterer Finanzdienste vereinfachen.

Auch bei der Korrputionsbekämpfung soll die Digitalisierung helfen. Davon konnte sich jüngst Thomas Silberhorn ein Bild machen. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung machte auf einer Dienstreise nach Ghana Halt bei der ghanaischen Finanzverwaltung. Dort wurde ein biometrisches System für Gehaltszahlungen im öffentlichen Dienst entwickelt – mit deutscher Unterstützung. Die neue Regierung will dieses System flächendeckend anwenden und so die Korruption bekämpfen. „Sollen alle vom wirtschaftlichen Aufschwung profitieren und nicht nur die Eliten, muss die Bekämpfung der Korruption an erster Stelle stehen. Die Digitalisierung bietet hier große Chancen", so Thomas Silberhorn in einer Presseerklärung nach seinem Besuch.

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