Innovationsland Deutschland

Die Redaktion befragt Experten zu den Zukunftspotenzialen der deutschen Industrie.
Oktober 2018 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Der Maschinenbau ist Deutschlands Innovationsmaschine«

Hartmut Rauen Stellvertretender Hauptgeschäftsführer VDMA

Die Zukunft ist unkartiertes Gelände. Niemand weiß mit Sicherheit, welche Technologien sich ökonomisch, ökologisch und gesellschaftlich durchsetzen. Zukunft verlangt daher nach Neugier, Mut und Offenheit sowie dem Willen sie zu gestalten.
Der Maschinen- und Anlagenbau steht im Zentrum der Entwicklung. Er ist Lösungsgeber für die vielfältigen Herausforderungen unserer Zeit, dank seiner weltweit geschätzten Innovationskultur werden aus Ideen Produkte.

Deutschland ist in diesem Zusammenhang ein Spitzenstandort. Hier sind viele tausend erfolgreiche Maschinenbauer zuhause. Teils sind sie Träger glanzvoller Marken, teils Hidden Champions. Gemeinsam ist ihnen eine hohe Identifikation der Eigentümer und Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen sowie eine beispiellose Integrations- und Umsetzungsstärke. Das bringt sie technologisch an die Weltspitze.

Mit 1,35 Millionen Erwerbstätigen im Inland ist der Maschinenbau zudem größter industrieller Arbeitgeber und einer der führenden deutschen Industriezweige. Nicht ohne Grund ist der Maschinenbau wichtigster Ingenieurarbeitgeber und hochgradig attraktiv für qualifizierte Facharbeiter.


Kooperation und Integrationsfähigkeit sind tief in der DNA des Maschinenbaus verhaftet. So hat das Zusammenspiel von Forschung, Wissenschaft und industrieller Praxis, beispielsweise im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung, weltweit einzigartige Innovationsnetzwerke hervorgebracht. Davon profitiert der Standort Deutschland.

Damit dies so bleibt und noch besser wird, braucht es einen zukunftsorientierten Ordnungsrahmen der Politik, insbesondere vor dem Hintergrund einer sich wandelnden Arbeitswelt und einem immer härteren internationalen Wettbewerb. So ist eine steuerliche Forschungsförderung standortrelevant. In der Forschungspolitik bilden Themenoffenheit, Breitenwirksamkeit und Bottom-up-Ansätze die relevanten Maßstäbe. Denn unternehmerische Freiheit und Verantwortung sorgen für Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand – so produzieren wir Zukunft.

www.vdma.org

Oktober 2018 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Das digitale Deutschland braucht die digitale Verwaltung.«

Achim Berg Präsident Bitkom

Eine der wichtigsten und drängendsten Aufgaben dieser Zeit ist die Digitalisierung des öffentlichen Raums. Intelligent vernetzte Städte und Regionen können Teilhabe und Lebensqualität für ihre Bürgerinnen und Bürger erhöhen, zu mehr Nachhaltigkeit beitragen, die Standort-attraktivität steigern und erfolgreich dem demografischen Wandel begegnen. Doch beim Einsatz digitaler Lösungen fällt der öffentliche Sektor seit Jahren gegenüber der Privatwirtschaft immer weiter zurück. Will sich Deutschland als Vorreiter etablieren, müssen wir das Tempo der Digitalisierung nicht nur in der industriellen Produktion steigern, sondern auch bei der intelligenten Vernetzung der Infrastrukturen sowie der Transformation von Städten und Regionen. In den Bereichen Verkehr, Energie, Gesundheit, Bildung, Verwaltung und Handel kann die Digitalisierung das öffentliche Leben viel leichter, stressfreier und umweltverträglicher machen. Die Kommunen stehen vor der Herausforderung einer digitalen Stadt- und Regionalentwicklung, um mit den globalen Entwicklungen Schritt zu halten und als Wirtschaftsstandorte ebenso attraktiv zu bleiben wie als Lebensmittelpunkte.

Beispiel Verwaltung: Laut einer Bitkom-Umfrage wünscht sich die Mehrheit der Bürger die digitale Verwaltungsakte. Wer seinen Wohnsitz ummelden möchte, soll dies bequem von zu Hause aus erledigen können. Das Anstehen auf dem Amt und aufwändiger Papierkram bei der Beantragung von Dokumenten kosten wertvolle Zeit und machen unser Leben unnötig kompliziert. Damit Deutschland ein Digitalland wird, brauchen die Kommunen Geld, Know-how und leistungsfähige Partner. Um genau diese Digitalisierung des öffentlichen Raums voranzutreiben, findet vom 20. bis 22. November 2018 zum ersten Mal die Smart Country Convention in Berlin statt. Das dreitägige Event bringt mehr als 10.000 Vertreter von Verwaltungen, Politik, Digitalwirtschaft, Verbänden und Wissenschaft zusammen und zeigt, wie Verwaltungen effizienter und die öffentliche Hand leistungsfähiger werden. Ein Muss für alle, die sich mit der Digitalisierung des öffentlichen Sektors befassen.


www.bitkom.org

Oktober 2018 Handelsblatt Zukunft Deutschland

»Wir bringen die Energiewende auf die Straße.«

Stefan Kapferer Präsidiumsmitglied BDEW

Im Verkehrsbereich wird heute fast genauso viel CO2 ausgestoßen wie vor 30 Jahren. Hinzu kommt die Belastung mit Feinstaub und Stickoxiden. Spätestens seit der Diskussion um Fahrverbote und strengere CO2-Flottengrenzwerte für Automobilhersteller ist klar: Deutschland muss beim Umstieg auf klimaschonende Fahrzeuge deutlich mehr Tempo machen. Mit Elektroautos, Wasserstoff- und Gasfahrzeugen stehen die notwendigen innovativen Antriebstechnologien für eine zügige Verkehrswende längst bereit.

Die Energiewirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle – sie ist Wegbereiter für die Elektromobilität: Nicht nur, dass sie die Stromnetze so leistungsfähig hält, dass künftig mehrere Millionen E-Autos „tanken“ können. Auch beim Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur ist sie in den letzten Jahren massiv in Vorleistung gegangen. Im BDEW-Ladesäulenregister sind rund 13.500 Ladepunkte erfasst – davon werden über drei Viertel von Energieunternehmen betrieben, und das, obwohl sich der Betrieb von Ladesäulen angesichts der geringen Anzahl an E-Autos in Deutschland bisher noch nicht rentiert. In einigen Städten, wie zum Beispiel Hamburg, ist die Abdeckung mit Ladesäulen besonders hoch. Hier teilt sich eine Handvoll Autos einen Ladepunkt.

Für die Energieunternehmen ist der Betrieb von Ladesäulen bisher eine Investition in die Zukunft. Gleichzeitig entwickelt sie für Privatkunden, Gewerbe und Kommunen immer mehr Produkte und Dienstleistungen für klimaschonende Mobilität: Zahlreiche Energieversorger bieten Rundum-Pakete für die Installation von privaten Ladepunkten, und Unternehmen wie die Stadtwerke Calw bieten zudem Carsharing mit E-Fahrzeugen und Leasing-autos inklusive Stromvertrag. Die Stadtwerke Osnabrück haben sich das Ziel gesetzt, ihre Busflotte bis 2025 vollständig zu elektrifizieren. In Jena und Bamberg holen die Stadtwerke zentrale Akteure aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und Wohnungswirtschaft an einen Tisch, um die Stadt fit für die Mobilität der Zukunft zu machen. Das zeigt: Die Energiewirtschaft bringt die Energiewende auf die Straße.

www.bdew.de