Schwarmintelligenz für die Unternehmensfinanzierung

Wo die Hausbank an ihre Grenzen stößt, kommt die Crowd ins Spiel: ein Überblick über alternative Finanzierungsarten im Zeitalter der Digitalisierung.
Illustration: Wyn Tiedmers
Illustration: Wyn Tiedmers
Juliane Moghimi Redaktion

 Die Zinsen sind niedrig, also gibt es leichter Kredite – sollte man meinen. Aber gerade kleinere Unternehmen machen häufig die Erfahrung, dass ihre Hausbank ihnen das Geld verwehrt. Schätzungen des Bundesverbands Die KMU-Berater zufolge wird jede fünfte Kreditanfrage kleiner Firmen abgelehnt. Wer trotz mangelnder Bonität einen Kredit erhält, muss dafür unter Umständen unvorteilhafte Bedingungen in Kauf nehmen. So ergab eine Befragung durch das Finanzierungsportal Compeon im Januar 2018, dass jedes sechste kleine Unternehmen trotz der Niedrigzinsphase über zehn Prozent Zinsen zahlte.


Aber nicht nur für Start-ups lohnt sich in puncto Finanzierung ein Blick über den Tellerrand. Denn selbst wenn die Hausbank der Kreditanfrage zustimmt, heißt das noch längst nicht, dass sie auch die bestmöglichen Konditionen bietet. Das jährlich vom Bundesverband Die KMU-Berater erstellte Bankenbarometer spiegelt die Einschätzung der Unternehmen wider und ergab 2018 kein sehr vorteilhaftes Bild: Die KMU attestierten ihren Kreditinstituten fast durchweg Gebührenerhöhungen und gleichzeitig Mängel bei wichtigen Beratungsleistungen wie der Information über öffentliche Förderkredite.


Trotzdem halten viele Unternehmer an ihren Hausbanken fest, wenn es um die Finanzierung wichtiger Unternehmensziele geht. Dabei gibt es – der Digitalisierung sei Dank – längst attraktive Alternativen. Ein Modell, das sich zunehmender Popularität erfreut, ist das Crowdlending bzw. Crowdinvesting. Es handelt sich hierbei um zwei Varianten einer Idee: Viele Anleger geben jeweils eine vergleichsweise kleine Summe Geld. Die Vermittlung dieser Art von Kredit erfolgt über darauf spezialisierte Finanzierungsplattformen im Internet. Deren Macher einigen sich zunächst mit dem Unternehmen auf die Bedingungen und schreiben das Projekt dann für eine begrenzte Zeit öffentlich zur Finanzierung aus. Private oder auch institutionelle Anleger haben nun die Möglichkeit, sich zu beteiligen. Wird die gewünschte Summe erreicht, erhält das Unternehmen den Kredit zu den vereinbarten Bedingungen. Finden sich hingegen nicht genügend Anleger, ist der Deal geplatzt.


Vom Crowdlending spricht man, wenn dem Unternehmen ein klassischer Firmenkredit gewährt werden soll. Diese Form wird auch als P2B-Kredit („peer to business“) bezeichnet. Der Anleger erhält dafür Zinsen, deren Höhe von der vermittelnden Plattform festgelegt wird. Beim Crowdinvesting hingegen gibt der Anleger Geld, um an zukünftigen Gewinnen des Unternehmens beteiligt zu werden. Es handelt sich deshalb nicht um ein festverzinsliches, sondern um ein partiarisches Darlehen. Eine Eigenkapitalbeteiligung erfolgt jedoch auch hier nicht, da der Anleger keine Unternehmensanteile, sondern lediglich Anteile an zukünftigen Erlösen des Unternehmens erwirbt. Crowdinvesting-Projekte beziehen sich häufig auf Wachstumsziele und werden als Nachrangdarlehen vergeben. Für den Anleger bedeutet das: Im Falle einer Insolvenz werden erst alle anderen nicht-nachrangigen Gläubiger bedient.

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