Finanzbranche im Umbruch

Finanzbranche im Umbruch
Dezember 2019 Die Welt Geld

»Macht die Digitalisierung Finanzberater überflüssig?«

Norman Wirth Geschäftsführender Vorstand Bundesverband Finanzdienstleistung

Die Automatisierung ersetzt Arbeiten, die immer denselben Mustern folgen – und das in nahezu jeder Branche. Auch in der Finanz- und Versicherungsbranche kann bei einfachen, leicht verständlichen und vergleichbaren Produkten die persönliche Beratung durch Robo-Advice oder automatisierte Interaktion ersetzt werden. Wir erleben das zum Beispiel beim Online-Fondskauf oder auch beim Versicherungsabschluss über Plattformen wie Verivox oder Check24.


Nicht automatisieren lassen sich Arbeiten, die Intelligenz und Kreativität erfordern. Komplexe Finanz- und Versicherungsprodukte im Kontext von Lebenssituationen, also Produkte, die eine Gesamtbetrachtung von Bedürfnissen, Erfordernissen, Affinitäten und vorhandenen Produkten erfordern, benötigen fachkundige Beratung. Insbesondere, da es dem Durchschnittsbürger nachvollziehbar schwer fällt, sich aktiv mit diesen Themen zu beschäftigen. Da bedarf es in vielerlei Hinsicht eines Impulses. Den liefert keine Webseite oder App, sondern er muss gerade bei Finanz-und Versicherungsprodukten mit einer persönlichen Empfehlung und Vertrauen verbunden sein.


Andererseits muss heute jeder Berater auch digital werden. Computer, Smartphone, Kundenverwaltungsprogramme, Vergleichsprogramme – das sind alles Dinge, ohne die heute nichts mehr geht. Wer sich dem technischen Fortschritt verschließt, wer Digitalisierung und Automatisierung nicht antizipiert, sich kein professionelles Netzwerk schafft und nicht regelmäßig an seiner eigenen Qualifikation arbeitet, wird in Zukunft erhebliche Probleme bekommen.


In fünf Jahren wird die Finanz- und Versicherungsberatung deutlich digitaler und in vieler Hinsicht auch automatisierter sein. Es wird viel mehr Robo-Advice-Angebote geben. Die Ideen der heutigen FinTechs werden eine Selbstverständlichkeit und in übergreifende Angebote integriert sein. Google und Amazon oder auch der chinesische Versicherungsriese Ping An könnten relevante Marktteilnehmer sein. Trotzdem werden die guten, kundenorientierten und qualifizierten und unabhängigen Finanzanlagen- und Versicherungsvermittler weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

 

www.afw-verband.de

 

Dezember 2019 Die Welt Geld

»Beteiligungskapital: Wachstumsmotor für den deutschen Mittelstand«

Ulrike Hinrichs Vorstandsmitglied Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

Internationale Handelskonflikte, der drohende Brexit, Rezessionssignale oder auch die Digitalisierung bringen für viele Unternehmer neue Herausforderungen mit sich, denen sie gegenübertreten müssen. Ein starker Partner an der Seite hilft dabei, schwierige Zeiten zu meistern und gestärkt daraus hervorzugehen. Beteiligungsgesellschaften sind oftmals die passenden Sparringspartner – ob bei der Übernahme neuer Geschäftszweige, der Expansion der Produktpalette oder beim Einstieg in neue Märkte. Denn als Antrieb und Wachstumsmotor liefert Beteiligungskapital nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch Expertise, Know-how und ein sehr gutes Netzwerk, von dem die Unternehmen profitieren.


Der Beteiligungskapitalmarkt ist ein Mittelstandsmarkt. Neun von zehn finanzierten Unternehmen beschäftigen weniger als 500 Mitarbeiter oder setzen weniger als 100 Mio. Euro um. Im Rahmen von Minderheits- oder auch Mehrheitsbeteiligungen sowie Mezzanine-Finanzierungen engagieren sich die Investoren. Und auch für Mittelständler, die sich mit der Nachfolge auseinandersetzen müssen, können Beteiligungsgesellschaften als etablierte Finanzierungspartner die Unternehmer unterstützen und die unternehmerische Zukunft und Unabhängigkeit sichern. Allein in diesem Jahr war jede zweite Buy-Out-Transaktion ein Verkauf im Rahmen einer Unternehmensnachfolge, das heißt mit einer Familie oder Privatpersonen auf der Verkäuferseite. Beteiligungsgesellschaften bringen dabei auch einen entscheidenden Vorteil gegenüber strategischen Partnern mit, denn: Beteiligungsgesellschaften erhalten die Strukturen und die Identität des Unternehmens und sichern Arbeitsplätze. Mit Beteiligungskapital lässt sich damit eine nachhaltige Nachfolgeregelung realisieren, bei der in der Regel die Eigenständigkeit des Unternehmens gewahrt bleibt. Im Idealfall bringt sich auch der Altunternehmer weiterhin mit seinen Erfahrungen ein. Beteiligungsgesellschaften schaffen damit auch Vertrauen bei Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. Mit seiner Vielfalt ermöglicht Beteiligungskapital so den Weg in die Zukunft.

 


www.bvkap.de

 

Dezember 2019 Die Welt Geld

»Trendthema: nachhaltig Geld anlegen«

Volker Weber Vorsitzender des Vorstands Forum Nachhaltige Geldanlagen

Das Interesse an nachhaltigen Geldanlagen reißt nicht ab – im Gegenteil, sie erfahren derzeit einen nie gekannten Boom!


Nachhaltige Kapitalanlagen sind Anlagen, die neben den klassischen Aspekten einer Finanzanlage – Verfügbarkeit, Risiko, Rendite – explizit Nachhaltigkeitskriterien (Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung) berücksichtigen. Es gibt sie in nahezu allen Asset-Klassen von Aktien, Anleihen, Fonds, Sparbriefen bis zu Zertifikaten. Motive für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Kapitalanlage gibt es viele, so werden ESG-Kriterien herangezogen, um das Risiko-Rendite-Verhältnis von Investments zu verbessern oder auch um die Kapitalanlagen der Organisation oder Unternehmung mit den eigenen Werten und Zielen, wie Investitionen in Atomkraft oder Kohle zu vermeiden oder Erneuerbare Energien zu fördern, zu vereinbaren.


Rückenwind bekommt das Thema von politischer Seite durch den EU-Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums. Mittels verschiedener Legislativpakete soll mehr Kapital in nachhaltige Investitionen gelenkt werden, um die Erreichung der internationalen Nachhaltigkeitsziele voranzutreiben. Kapitalanlagegesellschaften werden demnächst verstärkt offenlegen müssen, inwiefern sie Nachhaltigkeitskriterien bei der Anlage berücksichtigen. Denn allein aus Risikomanagementgründen ist die Betrachtung von beispielsweise Klimarisiken oder Korruptionsfällen sinnvoll, da diese sonst zu einem Ausfall im eigenen Portfolio werden können.


Darüber hinaus werden Vermögensberater verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen und dahingehend zu beraten. Dies setzt eine umfassende Schulung der Vermögensberater im Bereich der nachhaltigen Geldanlage voraus. Auch wenn es zu begrüßen ist, dass immer mehr konventionelle Finanzdienstleister Nachhaltigkeit integrieren, so birgt dieser Trend auch die Gefahr des Greenwashings. Mit dem Transparenzlogo, Nachhaltigkeitsprofilen und Qualitätsstandards wie dem FNG-Siegel bietet das Forum Nachhaltige Geldanlagen Orientierungshilfen für Privatanleger und institutionelle Investoren, sich im Dschungel der nachhaltigen Finanzprodukte zurechtzufinden.  

 

www.forum-ng.org