Mit Kapital die Welt verbessern

„Impact Investing“ könnte zum Trend werden. Davon profitieren nicht nur die Anleger, sondern die gesamte Gesellschaft.
Illustrationen: Jasmin Mietaschk
Illustrationen: Jasmin Mietaschk
Mirko Heinemann Redaktion

Stellen Sie sich vor, Sie könnten komplikationslos und mit skalierbaren Beträgen in Energiegenossenschaften in der Nachbarschaft investieren, die Haushalte und Unternehmen mit Ökostrom aus bürgereigenen Solar- und Windparks versorgen. Oder, dass Sie in ein Unternehmen investieren, das Arbeitgeber in der Anstellung von Menschen mit Behinderungen sowie zur Gestaltung barrierefreier Produkte und Arbeitsplätz berät. Oder, dass Sie mit Ihrem Vermögen dazu beitragen könnten, dass Geflüchtete und Migranten Arbeit finden und sie auf diese Weise in den Arbeitsmarkt und die Gesellschaft integrieren. Stellen Sie sich vor, Sie könnten dies mit einem Investmentsfonds tun, der dafür sorgt, dass das Geld sowohl an die richtigen Menschen gerät, als auch dass das „Return on Investement“ stimmt, dass also die Geldanlage auch eine entsprechende Rendite abwirft.

 

Es geht: Inzwischen gründen sich immer mehr Investmentsfonds und andere Anlageprodukte, die in solche Geschäftsmodelle investieren. Was die Ziel-Unternehmen vereint, ist, dass sie eine soziale Funktion innerhalb der Gesellschaft erfüllen, sie werden deshalb als Sozialunternehmen bezeichnet. Ihr vorrangiges Ziel ist nicht das Streben nach Gewinn, sondern ihr gesellschaftlicher Zweck. Und so ähnlich ticken auch die Anleger, die in solche Unternehmen investieren. Im Fachjargon wird das Impact Investing genannt, das Investment soll einen Einfluss, einen Sinn haben. Der bemisst sich in der Regel an einer gesellschaftlichen Rendite, also einer positiven gesellschaftlichen oder ökologischen Wirkung. Bei dieser Art von Geldanlage kann der Gewinn natürlich nicht so hoch sein wie bei einem auf Rendite getrimmten Produkt.

 

Ausschließen müssen sich monetäre und soziale Rendite aber nicht. Es gibt zwar Impact Investoren, denen es vor allem auf den gesellschaftlichen Effekt ankommt und denen die Erwirtschaftung von Gewinnen nicht so wichtig ist, solange das angelegte Vermögen nur nicht schrumpft. Laut der Marktstudie 2020 der Bundesinitiative Impact Investing e.V. sind dies 18 Prozent aller derjenigen, die auf diese Weise ihr Geld anlegen. Über die Hälfte der Investoren aber erwarten risikoadjustierte marktübliche Erträge. Nur knapp 30 Prozent würden weniger als marktübliche Renditen im Kauf nehmen.

 

Die zitierte Marktstudie wurde vom Centrum für soziale Investitionen und Innovationen der Universität Heidelberg durchgeführt und zeigt, dass es sich bei Impact Investing in Deutschland heute um einen ausdifferenzierten Milliardenmarkt mit großem Wachstumspotential und hoher Dynamik handelt. Im Vergleich zum Gesamtmarkt ist der Markt für Impact Investment allerdings klein: 2019 wurde das Marktvolumen für Impact Investments auf 8,1 Milliarden Euro geschätzt. Das ist relativ wenig, wenn man bedenkt, dass die Deutschen laut DZ Bank 528 Milliarden Euro in Aktien und 823 Milliarden Euro in Investmentfonds gesteckt haben. Noch augenfälliger wird die Diskrepanz angesichts der 2,5 Billionen Euro, die auf Sparbüchern oder Tagesgeldkonten herumdümpeln. Man stelle sich vor: 2.500 Milliarden Euro, die zu nichts, aber auch gar nichts gut sind. Nur 0,3 Prozent davon kommen derzeit sozialen Zwecken zu Gute.

 

Es besinnen sich aber offenbar immer mehr Menschen der Schaffenskraft ihres Geldes und tätigen Investments mit Verantwortung. Neben Anlagen in Sozialunternehmen sind auch Privatinvestitionen in nachhaltige Geldanlagen allgemein gestiegen, also Fonds, die etwa Kriterien von Ökologie, Soziales und gute Unternehemensführung berücksichtigen. Diese so genannten ESG-Investments (Environment, Social, Governance) oder auch SRI-Investments (Socially Responsible Investment) wachsen doppelt so schnell wie der Gesamtmarkt und haben inzwischen einen Anteil von mehr als fünf Prozent. Das liegt nicht allein am wachsenden sozialen Gewissen der Menschheit, sondern auch an den veränderten Rahmenbedingungen: Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenmangel, Artensterben, Wasserknappheit und Pandemien verlangen nach neuen Lösungsstrategien. Investitionen in Klimaschutz, Wasser oder erneuerbare Energien werden absehbar eine attraktive Rendite bieten.

 

Schaut man auf die Themen, die Impact Investoren verfolgen, sind die nicht unähnlich denen von ESG-Fondsmanagern: Klimaschutz, Gesundheit und Wohlergehen, bezahlbare und saubere Energie sowie hochwertige Bildung. Fragt man nur nach dem größten Bedarf für Impact Investing in Deutschland, sind wiederum Klimaschutz, saubere, also erneuerbare Energie, demografischer Wandel und Bildung die Top-Themen, für die ein großer Investitionsbedarf gesehen wird. Dies zeigt, dass diese globalen Megatrends auch bei Impact Investoren ganz oben auf der Agenda stehen und prädestiniert dafür sind, Impact Investments zu tätigen und somit ein Teil der Lösung dieser globalen Herausforderungen zu sein.

 

Die Ähnlichkeit zu ESG- oder SRI-Geldanlageprodukten ist frappierend. Nur scheint in diesen beiden Sektoren die Definition von Nachhaltigkeit recht dehnbar zu sein. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls Gabriele Glahn-Nüßel, Leiterin der Abteilung Wertpapiere & Vorsorge bei der Nürnberger Umweltbank: „Das Problem ist, dass ein Teil der als nachhaltig beworbenen Investments lediglich einen grünen Anstrich hat“, so die Finanzexpertin. „So sind auch bei Weitem nicht alle Umweltfonds streng nachhaltig. Fonds beispielsweise, die nach dem Best-in-Class-Ansatz investieren, wählen die vergleichsweise nachhaltigsten Unternehmen jeder Branche aus, aber sie schließen keinen Wirtschaftszweig aus. Daher investieren sie grundsätzlich auch in Atomstrom, Erdöl, Waffen oder die Chlorindustrie. Das erwarten Kapitalanlegerinnen und -anleger aber nicht von einer nachhaltigen Anlage. Doch für sie ist es oft schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen.“

 

Unter anderem, um die Definition von nachhaltigem Investment zu schärfen, hat sich die Bundesinitiative Impact Investment gegründet. Sie möchte laut eigener Darstellung dazu beitragen, „Voraussetzungen schaffen, dass künftig noch mehr Kapital zur Bewältigung sozialer und ökologischer Herausforderungen im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen eingesetzt wird.“ Als Herausforderungen sieht die Initiative: Zu wenig geeignete Anlageprodukte in unterschiedlichen Asset- und Risikoklassen, mangelnde Unterstützung durch die Politik zum Beispiel durch die Anpassung rechtlicher Rahmenbedingungen, sowie fehlende Anreizmechanismen für mehr impactorientierte Unternehmensgründungen und -finanzierungen, die im größeren Rahmen das Potenzial von Impact Investing demonstrieren könnten.

 

Der Markt für Impact Investing befindet sich noch in der Pionierphase. Es gibt zwar bereits einige spezialisierte Investmentfonds, doch hat das Thema noch nicht den Mainstream erreicht. Gleichzeitig jedoch wächst das Interesse von Seiten der Investoren, der Sozialwirtschaft und der Wissenschaft an Impact Investing in Deutschland.

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