Notbremse für die Geldanlage

In Niedrigzinsphasen müssen die Anleger zusehen, wie sie eine vernünftige Rendite erzielen. Deshalb zieht es sie zunehmend an die Aktienmärkte. Aber wie lässt sich die Investition gegen Kursverluste absichern? Anlageprofis setzen auf Zertifikate.
Illustration: Agata Sasiuk
Illustration: Agata Sasiuk
Juliane Moghimi Redaktion

Als Ende November in der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz die ZertifikateAwards 2017/2018 verliehen wurden, war der Jubel bei der DZ Bank groß: Dem bereits mehrfach zum Kreis der Favoriten gezählten Kreditinstitut gelang es dieses Jahr endlich, sich den Gesamttitel „Emittent des Jahres“ zu holen. Im Rahmen einer festlichen Gala wurden die Sieger in den insgesamt 14 Kategorien ausgezeichnet. Bei zehn Kategorien entschied eine 33-köpfige Jury aus 33 Wirtschafts- und Finanzexperten, in den restlichen vier konnte das Publikum online abstimmen. Honoriert wurden neben der Performance weitere wichtige Kriterien wie Transparenz und Fairness bei der Preisgestaltung. Die ZertifikateAwards gelten als eine der führenden Auszeichnungen für die besten Anbieter und Produkte im deutschen Markt für Strukturierte Produkte.

Die größere Öffentlichkeit nahm kaum Notiz von diesem Event. Mit Zertifikaten ist die Mehrheit der Bundesbürger bislang nicht in Berührung gekommen. Noch immer ist das Sparkonto der Deutschen liebstes Kind. Aktuellen Statistiken zufolge setzen 42 Prozent der Anleger hierzulande auf Sparbücher und Spareinlagen, während nur 20 Prozent ihr Geld in Investmentfonds und weitere 15 Prozent in Aktien anlegen.

Dennoch ist in jüngerer Zeit zu erkennen, dass sich immer mehr Privatanleger den Kapitalmärkten zuwenden. Im Zuge dieser Entwicklung erfreuen sich vor allem die Zertifikate zunehmender Beliebtheit: Sie sind sehr vielgestaltig und können deshalb gezielt eingesetzt werden, um die Anlagestrategie an die jeweilige konkrete Marktsituation anzupassen. Je nach den Erfahrungen und der Risikoaffinität des Anlegers können mit verschiedenen Arten von Zertifikaten beispielsweise Depots abgesichert oder die Rendite kräftig angekurbelt werden.

Vor allem die Möglichkeit, das angelegte Vermögen für den Fall eines Markteinbruchs abzusichern, gewinnt auch für Privatleute immer mehr an Bedeutung. Das Prinzip ist im Grunde einfach: Man schließt auf das abzusichernde Basisgeschäft ein Gegengeschäft ab, das bei einem Verlust des Basiswertes Gewinne einfährt – und entsprechend bei einem Gewinn des eigentlichen Geschäfts zum Verlust wird. Diese Strategie des Absicherns wird als Hedging bezeichnet, weil das gegensätzlich laufende Investment wie eine schützende Hecke um das ursprüngliche Geschäft gelegt wird.

Wirtschaftlich interessant wird die Angelegenheit dadurch, dass für das Absicherungsgeschäft ein Produkt verwendet wird, bei dem die Wirkung den finanziellen Einsatz um ein Vielfaches übertrifft. Normalerweise werden solche Produkte gekauft, um die Rendite anzukurbeln, wobei dem ein entsprechend hohes Verlustrisiko gegenübersteht. Speziell in der Depotsicherung ermöglichen diese sogenannten Hebelprodukte jedoch, den Basiswert für vergleichsweise kleines Geld abzusichern. Und hier kommen die Zertifikate ins Spiel.

Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen, die sich immer auf einen bestimmten Basiswert beziehen, das sogenannte Underlying. Das kann eine einzelne Aktie oder ein kompletter Index wie der DAX, aber auch ein Rohstoff wie Kaffee oder Gold sein. Der Käufer leiht dem Emittenten, meist einer Bank, sein Geld, indem er das Zertifikat kauft. Je nach Art reagiert das Wertpapier dann entweder parallel oder – wie im Falle der Depotsicherung gewünscht – genau konträr zum Underlying. Die bereits erwähnten Hebelzertifikate haben dabei die Eigenschaft, die Schwankungen des Basiswertes zu potenzieren. Dies macht sie bei Seitwärtsbewegungen im Markt interessant, aber auch zur vergleichsweise kostengünstigen Absicherung des Underlying.
 

Put und Short – Das Geschäft mit dem Verlust
 

Eine gängige Variante des Hedging ist der Erwerb von Optionsscheinen. Hierbei erwirbt der Käufer das Recht, den Basiswert nach Ablauf der Laufzeit zu einem bestimmten Preis zu kaufen (Call) oder zu verkaufen (Put). Wer seinen Basiswert für den Fall eines Kurseinbruchs absichern will, kauft eine Put-Option, die dem aktuellen Wert des Underlying entspricht. Beim Kauf des Optionsscheins zahlt der Anleger nicht den vollen Preis, sondern nur einen kleinen Teil des eigentlichen Basiswertes als Sicherheitsbetrag, Initial Margin genannt. Einen eventuellen Kursverlust kann man mit der ausreichenden Anzahl an Optionsscheinen praktisch vollständig ausgleichen. Sollte der befürchtete Verlust nicht eintreten, verliert der Anleger den in die Put-Option investierten Betrag, der jedoch um ein Vielfaches geringer ausfällt.

Eine weitere Variante sind Short-Hebelzertifikate auf den Basiswert. Short bezeichnet einen Kursverlust, Long einen Kurszuwachs. Mit einem Short-Zertifikat setzt der Anleger also auf einen Kursverlust während der Laufzeit. Wegen der Hebelwirkung muss er auch hierbei nur einen Bruchteil des gewünschten Sicherheitsbetrages investieren, wodurch die Kosten für die Absicherung des Underlying überschaubar bleiben.

 

Zertifikate im Überblick
 

Index-Zertifikate: beziehen sich auf einen kompletten Index, z.B. den DAX, und bilden diesen Eins zu Eins ab, naturgemäß große Risikostreuung, meist ohne Laufzeitbegrenzung
 

Garantie-Zertifikate: Zertifikate mit begrenzter Laufzeit, an deren Ende das eingezahlte Kapital zurückgezahlt wird – zum Preis eingeschränkter Gewinnmöglichkeiten
 

Bonus-Zertifikate: mit oberer und unterer Barriere, Bonuszahlung in Höhe der oberen Barriere erfolgt dann, wenn der Kurs stets über der unteren Barriere bleibt
 

Sprint-Zertifikate: innerhalb einer bestimmten Spanne profitiert der Anleger doppelt von der Entwicklung, nach oben durch ein Cap begrenzt, nach unten durch einen Schwellenwert
 

Discount-Zertifikate: werden günstiger verkauft als der Basiswert, immer mit Cap, dafür aber auch mit begrenztem Risiko
 

Faktor-Zertifikate: Hebelzertifikate, bei denen Gewinn und Verlust des Basiswertes mit einem festgelegten Faktor multipliziert werden
 

Knock-out-Zertifikate: Hebelzertifikate mit besonders steilen Gewinnkurven, bei denen jedoch auch die Gefahr eines Totalverlustes entsprechend hoch ist

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